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Im Gespräch mit ... Manfred Haferburg

Zum Zeitgeist in der Dunkelflaute

Es gibt nicht viele Menschen, die davon berichten können, wie es ist, im Augenblick eines Blackouts für das Energiesystem eines Landes verantwortlich zu sein. Manfred Haferburg ist einer der wenigen, die auf ein solches Ereignis zurückschauen können. Denn zum Jahreswechsel 1978/79 war der junge Ingenieur als Schichtleiter zuständig für den Betrieb des größten Kernkraftwerks der DDR, Greifswald. Zwar absolvierte er diese Aufgabe mit Bravour, gleichwohl erwies sich der Staat ihm gegenüber als wenig großzügig: Als Nicht-Parteimitglied, das zudem nicht willens war, für die Stasi tätig zu werden, wurde Haferburg zum Objekt einer Operativen Personenkontrolle, festgenommen, verhört und misshandelt und schließlich mit verbundenen Augen aus einem Auto auf die Straße geworfen. All diese Erfahrungen verarbeitete er 2013 in seinem Roman Wohn-Haft, zu dem sein Freund Wolf Biermann ein Vorwort schrieb. Weil der gelernte DDR-Bürger eine ideologische Grundskepsis entwickelt hatte, erweckten die Verheißungen der Energiewende, mit all ihren Versprechungen, seine Skepsis - und so wurde Manfred Haferburg, neben seiner Beratertätigkeit für große Kernkraftunternehmen weltweit, auch publizistisch tätig. Allein die Vorstellung, dass man eine über einhundertzwanzig Jahre gewachsene soziale Plastik binnen kurzem umgestalten könne, mehr noch, dass die Transformation des gesellschaftlichen Energiesystems Amateuren übertragen werden sollte, widersprach dem Ethos des Ingenieurs – und brachte den Publizisten hervor, der die Absurditäten dieser Gesellschaftsentwicklung auf den Punkt bringt. Diese punktgenauen, unideologischen Analysen wiederum haben meine Aufmerksamkeit geweckt – und zu jener anregenden Unterhaltung mit ihm geführt, die hiermit öffentlich wird.

Manfred Haferburg studierte an der Technischen Universität Dresden Maschinenbau mit Vertiefungsrichtung Kernenergetik. Nach seiner Arbeit als Schichtleiter für das Kernkraftwerk Greifswald war er nach der Wende für einen großen Energieversorger tätig. Nach einem Umzug nach Paris wurde Berater für große Kernkraftunternehmen - weswegen es wohl mehr Kernkaftwerke von innen gesehen hat als irgendein Politiker. Zudem sitzt er im Advisory Board der in Kanada tätigen Firma Dual Fluid, die Kernkraftwerke neuen Typs entwickelt, welche, anders als die Leichtwasserreaktoren à la Tschernobyl, frei von der Gefahr einer Kernschmelze, zudem sehr viel energieeffizienter sind – was auch zur Minimierung des radioaktiven Abfall beiträgt.

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