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Im Gespräch mit ... Axel Bojanowski

Oder wie sich eine Unterhaltung übers Wetter in religiösen Phantasmen verlieren kann
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Axel Bojanowski, Foto: ©Matthias Giordano

Redet man über den Klimawandel, ist man unweigerlich mit der Frage konfrontiert, wie sich in einer aufgeklärten, säkularen Gesellschaft ein apokalyptisches Denken breit machen und ein Diskurs sich hat herausbilden können, welcher der ›Leugner‹ und absoluter Gewissheiten bedarf. In jedem Fall greift die Rede über das Wetter, sofern sie allein den Meteorologen überlassen bleibt, viel zu kurz, gilt es die Rolle der Medien in den Blick zu nehmen. In Anbetracht dieses Sachverhalts drängte sich der Gedanke nachgerade auf, Axel Bojanowski zum Gespräch darüber zu bitten. Denn als studierter Meereskundler und Paläoklimatologe hat Bojanowski ein Vierteljahrhundert Wissenschaftsjournalismus hinter sich – für Geo, Zeit, Nature, Spiegel, Bild der Wissenschaft – und seit 2020 für Die Welt. Und weil Axel Bojanowski ein überaus umgänglicher Zeitgenosse ist, haben wir uns in einem langen Gespräch darüber unterhalten, auf welche Weise eine Frage, die doch vor allem technischer wie wissenschaftlicher Lösungen bedürfte, in einen regelrechten Katastrophismus, ja nachgerade eine Form der Katastrophenbegeisterung hat hineinführen können. Herausgekommen ist ein Gespräch, das ohne Eifer, ohne Zorn, sich dieser merkwürdigen Wahrnehmungsverzerrung zugewandt ist. Es ist kein Zufall, dass man sich dabei weniger über die Details des Klimawandels austauscht (den doch niemand in Abrede stellen will, schon gar nicht Bojanowski) und stattdessen auf die blinden Flecke der Debatte zu sprechen kommt: das Desinteresse, dass man den konkreten Lösungen zuteil werden lässt, die geradezu religiöse Erregung, welche sich der Disputanten bemächtigt, zuguterletzt das erstaunliche Beharren auf geistiger und moralischer Suprematie (welche dazu führt, dass man Opponenten wie Bojanowski kurzerhand von der Bühne verweisen möchte: Aus den Augen, aus dem Sinn!) Was kurzfristig ein Gewinn sein mag, ist auf lange Sicht jedoch eine große Gefahr. Denn schon Joseph de Maistre hat gewusst, dass der Weg in die Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert ist. Nimmt man die Zwänge in den Blick, welche die Journalisten in der Aufmerksamkeitsökonomie ausgesetzt sind, wird sichtbar, dass hier gruppendynamische Prozesse am Werk sind. Verabschieden sich die Gemäßigten aus der Debatte, rüsten sich die Aktivisten just in dem Maße, in dem sie die Bindung ans Reale verliert, in phantasmatischer Form auf. Was die Frage auf den Plan ruft: Frage: Könnte es sein, dass sich hier ein zeitgemäßer Donquixotismus anbahnt – eine moralische Panik, der es weniger um die Zukunft u tun ist, als um den Kampf gegen die Riesen, die übermächtigen Monster? Aber wenn dem so wäre, so entbehrte diese postmoderne göttliche Komödie nicht einer gewissen Ironie. Dass man mit Windmühlen gegen Windmühlen anreitet.

Axel Bojanowski, dessen Homepage sich hier findet, hat eine Reihe von Büchern veröffentlicht. Auf seinem Substack Blog Klimawandel-Hintergründe äußert er sich regelmäßig zu fachlichen Fragen, die den Klimawandel betreffen. Derzeit arbeitet er an einem Buch zum Thema. In der Welt sind kürzlich erschienen:

Der lange Kampf der Umweltbewegung gegen die Menschen

Der zweifelhafte Kampf der Klimaschützer-Elite um gesellschaftliche Hoheit

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Martin Burckhardt