Die Welt der digital natives ist eine andere geworden – und sie kennt Reize, Verführungen und Fantasien, die in der analogen Welt undenkbar gewesen wären. Mögen die Diskurse der Wirklichkeit hinterherlaufen, so gilt dies nicht für die Psyche, die alledem schutzlos ausgesetzt ist. Schon dies ist ein Grund, sich mit Heike Melzer zu unterhalten, die, als Neurologin und Psychotherapeutin in ihrer Praxis mit Fällen konfrontiert ist, die präzedenzlose Schieflagen enthalten – und mehr noch: die diesen Fallgeschichten Bücher gewidmet hat. War das erste, Scharfstellung betitelt, der Frage gewidmet, wie sich das Wisch- und Weg des Datingmarkts, die Online-Pornographie und auch die Bereitstellung von Sexspielzeugen auf das Seelenleben der Mitteleuropäer auswirkt, so hat sich ihr Fokus nunmehr den Ködern zugewandt hat, die im Internet ausgelegt sind – und den Nutzern verheißen, dass das Glück nur einen Mausklick entfernt liegt. Indes verkehrt sich diese Verheißung nicht selten ins Gegenteil. Oder wie Heike Melzer schreibt:
Einst angetreten mit dem Ziel, Freiheit und Genuss zu erlangen, endet die jahrelange Reise hedonistischer Umtriebigkeit immer öfter in den Untiefen von Abstumpfung und der Enge zwanghafter oder abhängiger Verhaltensweisen des Überkonsums.
Heike Melzer ist Neurologin, ärztliche Psychotherapeutin und Business-Coach. Sie führt eine Praxis für Paar- und Sexualtherapie in München und auf Sylt.
Im Gespräch mit ... Heike Melzer