Wie läuft eine Verabredung ab, wenn sie sich um vier Jahrzehnte verspätet? Tatsächlich ist dies der Ausgangspunkt des Gesprächs mit dem Lyriker Uwe Kolbe: eine Verabredung, die im Jahr 1983 in Ost-Berlin hätte stattfinden sollen, ein Email, das viele, viele Jahr später in meinem Email-Postfach aufgetaucht ist (über Charles Babbage und seine Idee, dass man soetwas wie eine »Bibliothek der Luft« stiften könne) – und schließlich, beim Schreiben meiner kleinen Éducation sentimentale, der Gedanke, dass man aus einer schönen, anthropologischen Distanz auf die verflossene Zeit zurückschauen könnte. Entstanden ist ein Werkstattbericht – in dem die Lyrik nicht den Platz des Ornamentalen einnimmt, sondern als Denken, nein, als als eine Urform der Poiesis und des Machens erscheint – was Uwe Kolbe in einer charakteristischen Interjektion zu Gehör bringt: Zack! Oder wie es in einem seiner Gedichte heißt: Mir steht nur der Brand zu Gebot. Und genau diese nicht einzuhegende Energie ist es, die das Gespräch durchpulst – und in eine große Heiterkeit einmündet.
Uwe Kolbe lebt in Dresden – und galt als junger Mann als lyrisches Wunderkind. Nachdem er früh Bekanntschaft mit dem Mix aus Zensur und Privilegien machen konnte, mit dem der sozialistische Staat seine Dichter traktierte, wechselte er schließlich auf die andere Seite. Die Wiedervereinigung erlebte er als Dozent des germanistischen Departments in Austin, Texas. Nach Europa zurückgekehrt, begann ein lyrisches Wanderleben. Neben Gedichten machte er mit einem Buch über Brecht, dann einem Roman über den Stasi-Vater auf sich aufmerksam. Die Anzahl der Preise, die er für seine lyrische Arbeit erhalten hat, ist viel zu zahlreich, um sie hier wiederzugeben. Also folgt eine Auswahl seiner letzten Werke und der Link auf seinen Wikipedia-Eintrag.
Von Uwe Kolbe sind erschienen (Auswahl)
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