Das Vorhaben Booles, den Repräsentanten aus der Mathematik zu entfernen, hat sich in einem sehr viel größeren Maßstab bewahrheitet, als sein Verfasser sich dies hat ausmalen können. Denn mit dem Code der Repräsentation ist ein über mehrere Jahrhunderte ausbuchstabierter Gedankenkontinent brüchig geworden. Unsere Vorstellung davon, was Schrift, Geld, Arbeit, Wissen ist, was Reproduktion, Natur, Körper, Herrschaft oder Politik – der ganze Kontinent unseres Denkens und unseres historischen Selbstbewusstseins muss an dieser Formel zerschellen.
Vorherige Kapitel
Alles und Nichts I
Am Anfang war die Null und die Null war bei Gott und Gott war die Eins. Die Null und die Eins waren im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dieselben gemacht und ohne dieselben ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihnen war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis und die Finsternis hat’s nicht beg…
Alles und Nichts II
Hydra ist die Tochter des Typhon, des Vaters aller Monster, und der Echidna, der Mutter aller Monster. Sie bewohnt den lernäischen Sumpf. Hier bewacht sie ein unterseeisches Tor, das zur Unterwelt führt. Ihr Blut ist giftig, selbst die Spuren, die sie hinterlässt, sind giftig. Die Griechen sagten, sie habe mehr Köpfe, als die Vasenmaler malen konnten. S…
Alles und Nichts III
Wir sind bei den Geistern und haben uns mit ihnen eingeschlossen in den Schneewittchensarg der symbolischen Systeme, in dem der Tod am Leben und das Leben tot ist, in dem die Verheißung des Lebens, die organische Faktizität des Körpers, auf die symbolische Faktizität der digitalen Maschine übertragen worden ist.
Alles und Nichts IV
Die gleichzeitige Anwesenheit alles je Geschaffenen, so haben die mittelalterlichen Theologen gelehrt, ist die Hölle. Unter diesen Auspizien kann das Internet als ein Ort der Weltverstopfung, als digitale Hölle aufgefasst werden. Denn das Netz vergisst nicht. Und auch wenn der Betreiber dieses oder jenes Servers Sorge trägt, seinen digitalen Vorgarten f…
Alles und Nichts V
Das Internet, zum Archiv des Realen geworden, stellt ein Modell der Realität dar, und zugleich: ihre Überschreitung. Es bietet Möglichkeitsformen der Realität. Wie der Träumer, der im Traum zu Bewusstsein kommt und nun, urplötzlich zum Regisseur seines Traums geworden, begreift, dass er, wenn er denn will, fliegen kann, löst man sich von der Welt und wi…
Alles und Nichts VI
Zu Information aufgelöst, wird die Welt zum reinen Zeichen. Demgegenüber steht das analoge Rauschen, die Kontamination, der ganze Dreck. Insofern etwas Zeichen wird, wird es unsterblich, streift es mit seinem irdischen Leib auch alle Dunkelheit ab, die sich der reinen Vernunft widersetzt.
Alles und Nichts VII
Wenn die Innenwelt den Körper als Wohnort aufgibt und in den Datenraum abwandert, wird sie das, was sie schon immer war: virtuell. Denn die Innenwelt ist der Ort, an dem die Wünsche verwaltet werden. Die Entfernung der Welt Die Außenwelt der Innenwelt
Alles und Nichts VIII
Im Unterschied zu den anderen Formen der Wiederkehr des Verdrängten scheint das Digitale, als Technologie, die Geisterwelt gewissermaßen technisch wiederzubeleben. Die scheinbar abgespaltene Geisterwelt wird zu einer Größe, die archiviert, verwaltet, belebt, manipuliert und ausgesaugt werden kann. Wer über die gespenstisch generierten Daten verfügt, wir…
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